23Okt2014

Vorsorgliche Massnahme; Glaubhaftmachen offenkundiger Vorbenutzung

Die einem Konzern angehörenden Klägerinnen 1 und 2 mit Sitz in der Schweiz ersuchten um vorsorgliche Massnahmen gegen die Beklagte, die ebenfalls Sitz in der Schweiz hatte. Sie stützten sich dabei auf zwei Patente, ein schweizerische Streitpatent und ein Europäisches Patent der gleichen Patentfamilie, deren Gegenstand ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Erzeugung von Milchschaum oder Milchgetränken war. Konkret im Streit war ein Verfahren zur automatischen Herstellung von kaltem Milchschaum.

Die Beklagte machte einredeweise die Nichtigkeit der Streitpatente geltend. Sie trug zudem vor, dass sie das Produkt der Bauweise S nur bis Februar 2014 produziert und vertrieben habe. Produkte der Bauweise S seien von Produkten der Bauweise U abgelöst worden, wobei sich U in der Milchschaumzubereitung wesentlich von S unterscheide. Die Beklagte äusserte sich nicht zur Frage, inwiefern S rechtsverletzend gewesen sei. Die Klägerinnen ersetzten darauf in der Replik ihre Rechtsbegehren und hielten dabei ausdrücklich fest, dass das Verfahren weiterhin nur Produkte der ursprünglichen Bauweise S betreffe.

Das Bundespatentgericht erachtete das Rechtsschutzinteresse der Klägerinnen an ihren Begehren – gerichtet auf Produkte der Bauweise S – als gegeben, da die Beklagte die Rechtsbeständigkeit der Streitpatente bestritten und auch keine vorbehaltlose Unterlassungserklärung abgegeben hatte. Es entschied, dass Klagepatent 1 glaubhafterweise nichtig sei wegen mangelnder Neuheit. Indes sei Klagepatent 2 glaubhafterweise rechtsbeständig. Insbesondere sei an die Geltendmachung einer offenkundigen Vorbenutzung, die lange (konkret: ein Jahrzehnt) her sei, ein strenger Massstab anzulegen. Zwei sich widersprechenden eidesstattlichen Versicherungen, die sich auf die blosse Erinnerung abstützten, wurde dabei kein Beweiswert zuerkannt.

Zumal die Beklagte eine Rechtsverletzung durch das Produkt der Bauweise S nicht bestritten hatte, wurde eine Rechtsverletzung als glaubhaft angenommen. Das Bundespatentgericht bestätigte auch den nicht leicht wieder gut zu machenden Nachteil, da unbestritten mehrere Anbieter auf dem Markt operierten und die Klägerinnen keine Monopolstellung hatten. Das Gericht sprach schlussendlich die beantragte vorsorgliche Massnahme aus unter Fristansetzung zur Klageeinleitung im ordentlichen Verfahren.

Den von der Beklagten gestellten Antrag auf eine Sicherheitsleistung wies es vollumfänglich ab, da die Beklagte selbst behauptet hatte, Produkte der Bauweise S nicht mehr in Verkehr bringen zu wollen, und es folglich an einem drohenden Schaden fehle.

(Entscheid in der Rechtssache S2014_006 vom 6.10.2014)