8Mai2012

Fehlende Voraussetzungen für vorsorgliches Unterlassungsbegehren

Die Klägerin (Lässer AG Stickmaschinen) hatte beim Obergericht des Kantons Thurgau ein Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen gegen die Beklagte (Oerlikon Saurer Arbon AG) eingereicht und u.a. die zu verbietenden Verletzungsformen in vier Rechtsbegehren näher spezifiziert. Die Klägerin stützte sich grundsätzlich auf das schweizerische Patent CH 701 638 (Schneidvorrichtung und Stickmaschine mit einer Schneidvorrichtung, Verfahren zum Applizieren von flächigen Materialstücken) sowie die europäische Patentanmeldung EP 1 985 736 (das EP wurde im Verfahrensverlauf erteilt).

Das Bundespatentgericht wies das Gesuch ab, da der Verfügungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft erschien: Rechtsbegehren 1.1 und 1.4 scheiterten daran, dass die Verletzung in konkreter Ausführungsform nicht behauptet oder glaubhaft gemacht worden war.
Rechtsbegehren 1.2, gerichtet auf eine Schneidvorrichtung für eine Stickmaschine als solche, konnte sich nur auf einen Anspruch im Schweizer Patent, nicht aber im erteilten europäischen Patent, abstützen. Das Bundespatentgericht entschied, dass die Beklagte mit Einbringung der Patentschrift DE 566 263 aus dem Jahr 1932 die fehlende Neuheit und damit fehlende Rechtsbeständigkeit des massgeblichen Anspruchs 1 des angerufenen Schutzrechts glaubhaft gemacht hatte. Dabei berücksichtigte es die ständige Rechtsprechung des Europäischen Patentamtes, wonach Zweckbestimmungen im Patentanspruch grundsätzlich nur dahingehend einschränkend wirken, dass der Gegenstand zweckgeeignet sein muss; somit auch eine Offenbarung eines gleichwertigen, zweckgeeigneten Gegenstandes ohne ausdrückliche Angabe des Zweckes im Patentanspruch als neuheitsschädlich zu werten ist.
Rechtsbegehren 1.3 richtete sich auf eine Stickmaschine als solche. Anspruch 7 des europäischen Patents konnte nicht als Grundlage des Anspruchs herangezogen werden, weil u.a. die dort formulierte Austauschbarkeit des Bohrers der Bohrvorrichtung mit einer Schneidvorrichtung nicht zum Gegenstand des Rechtsbegehrens gemacht worden war. Auch Anspruch 10 des schweizerischen Patents schied laut Bundespatentgericht als Basis aus, zumal bezüglich der massgeblichen Variante ebenfalls mangelnde Neuheit durch DE 566 263 glaubhaft gemacht worden war.

(Entscheid in der Rechtssache S2012_004 vom 24.03.2012)

http://www.bpatger.ch/assets/PDFFiles/S2012_004.pdf