8Mai2012

Fehlende Aktivlegitimation der Klägerin

Die Klägerin (Universität Bern) hatte am 21.07.2006 vor dem Kantonsgericht Chur Klage gegen die Beklagte (AO Technology AG, vormals Synthes AG Chur) eingereicht u.a. mit dem Rechtsbegehren, einen hälftigen Anteil am schweizerischen Patent Nr. 683 963 der Beklagten kostenlos abgetreten zu erhalten, eventualiter dieses für nichtig zu erklären.

Als Erfinder wurden im Streitpatent (angemeldet 1988, erteilt 1994) Herr Dr. med. M. Aebi, der im Zeitraum 1984-1988 als Oberarzt Angestellter der Klägerin auf öffentlich-rechtlicher Basis war (später Prof. Dr. med. Aebi), und Herr R. Mathys jun. genannt. Die Klägerin machte insbesondere geltend, die patentgemässe Erfindung eines Implantats für den Bereich der Wirbelsäule habe nur unter massgeblicher Mitwirkung ihres damaligen Angestellten erstellt werden können. Die Beklagte habe die Erfindung bösgläubig auf ihren Namen angemeldet. Da die Klägerin zur Zeit des behaupteten Rechtserwerbs im Jahre 1988 unbestrittenermassen noch keine eigene Rechtspersönlichkeit hatte und sie ihre Behauptung, es sei zur Zeit ihrer Verselbständigung zu einem Übergang der Rechte auf sie gekommen, nicht hinreichend substantiierte, fehlte es an der Aktivlegitimation der Klägerin. Die Klage war bereits deshalb vom Bundespatentgericht abzuweisen.
Das Bundespatentgericht erwog eventualiter, dass die Klägerin eine Berechtigung an der Erfindung nicht unter dem Titel der Diensterfindung herleiten könne, zumal zum damaligen Zeitpunkt die vorherrschende Meinung Erfindungen von Mitgliedern des Lehrkörpers einer Universität nicht als Arbeitnehmererfindungen betrachtete und – angesichts der später geschaffenen Regelungen für diesen Bereich – auch nicht von einer Regelungslücke auszugehen sei.
Subeventualiter nahm das Bundespatentgericht Stellung zum Vorbringen der Klägerin, die Beklagte habe das Streitpatent bösgläubig eigenmächtig angemeldet, zumal ihr bekannt gewesen sei, dass Prof. Dr. med. M. Aebi als Vollzeitangestellter der Universität seinen Beitrag während seiner Arbeitszeit geleistet habe. Das Bundespatentgericht hielt fest, dass die Gutgläubigkeit der Beklagten vermutet werde (Art. 3 I ZGB). Die klägerischen Vorbringen reichten nicht aus, um diese Vermutung umzustossen, so dass das Recht zur Erhebung der Abtretungsklage (Veröffentlichung des Klagepatents im Jahr 1994) verwirkt gewesen war (Art. 31 I PatG).
Das Eventualbegehren auf Nichtigerklärung des Patents schützte das Bundespatentgericht ebenfalls nicht, da die Klägerin lediglich eine Miteigentümerstellung am Schutzrecht beansprucht hatte und es ihr also an der alleinigen Berechtigung zur Klage fehlte sowie das Interesse an der Klage – nach Ablaufs der Dauer des Schutzrechts – nicht hinreichend substantiiert worden war. Dabei liess das Bundespatentgericht die Frage offen, ob die in Art. 31 I PatG für die Abtretungsklage bei Gutgläubigkeit des Beklagten statuierte Klagefrist auch auf den Fall der beantragten Nichtigerklärung nach Art. 26 I lit. d PatG anzuwenden sei.

(Entscheid in der Rechtssache O2012_010 vom 28.03.2012)

http://www.bpatger.ch/assets/PDFFiles/O2012_010.pdf