5Jun2014

BPatG: Vorsorgliche Massnahmen auf Unterlassung und Produkterückruf gegenstandslos bzw. abgewiesen

Die Klägerin V AB mit Sitz in Schweden ersuchte am 25.04.2013 um Erlass einer vorsorglichen Massnahme gegen die Beklagte W AG mit Sitz in der Schweiz. Es sei der Beklagten zu verbieten, die näher umschriebenen Arzneimittel A-W 20 mg, Lactab, sowie A-W 40 mg, Lactab, zu benützen (erstes Rechtsbegehren). Diese sei zudem vorsorglich zum Rückruf schon ausgelieferter Produkte zu verpflichten (zweites Rechtsbegehren).

Die Klägerin stützte sich auf ein am 27.05.1994 angemeldetes Patent EP für ein Magnesiumsalz des (-)-Enantiomers vom Omeprazol mit sehr hoher optischer Reinheit und dessen Verwendung, das im November 2012 von der Beschwerdekammer des EPA aufrecht erhalten worden war. Die Beklagte machte geltend, im November 2012 den Produktevertrieb in der Schweiz nach Aufnahme in die Spezialitätenliste begonnen zu haben, jedoch nach Kenntnisnahme von der – nach ihrer Einschätzung falschen – Entscheidung der EPA Beschwerdekammer die Produkte als Vorsichtsmassnahme modifiziert zu haben. Seit 2.05.2013 verkaufe sie ausschliesslich die modifizierten Produkte, deren labormässige Analyse eine geringere optische Reinheit als diejenige des Patents bestätige. Zudem legte sie am 12.06.2013 eine Unterlassungserklärung vor, während der Gültigkeitsdauer des Patents keine Produkte in der patentgeschützten optischen Reinheit zu benützen.

Das Bundespatentgericht erachtete es als glaubhaft, dass die Beklagte aktuell keine patentverletzenden Produkte benütze. Die Unterlassungserklärung sei auch vorbehaltlos erfolgt, zumal eine Einschränkung der Beklagten über die Gültigkeitsdauer des Patents hinaus nicht verlangt werden könne. Eine Patentverletzung durch die modifizierten Produkte sei nicht behauptet worden. Es fehle daher an der drohenden Wiederholungsgefahr und am Rechtsschutzinteresse. Das erste Rechtsbegehren wurde als gegenstandslos erledigt abgeschrieben. Den Antrag auf Produkterückruf im zweiten Rechtsbegehren wies das Bundespatentgericht als unverhältnismässig ab, zumal weder eine Rückgabepflicht der Abnehmer bestehe noch angesichts der zeitlichen Dimension – die Beklagte habe glaubhafterweise seit mehr als einem Jahr keine Produkte ursprünglicher Zusammensetzung mehr importiert – mit verbliebenden namhaften Produktemengen zu rechnen sei.

Im Rahmen der Verteilung der Kosten- und Entschädigungsfolgen nahm das Bundespatentgericht Stellung zur Beständigkeit des Patents und zur Rechtsverletzung. Es akzeptierte zwar, das von der Beklagten zitierte Dokument D1 neben D2 als alternativen, nächstliegenden Stand der Technik in seine Betrachtung einzubeziehen. Es erachtete das Patent dennoch glaubhafterweise als rechtsbeständig. Ebenso hielt das Gericht basierend auf einem vorgelegten Laboranalysebericht eine Patentverletzung durch den Vertrieb der Produkte in nicht-modifizierter Form für glaubhaft gemacht. Auch habe es bei einer Einleitung des Verfahrens ca. fünf Monate nach Aufrechterhaltung des Patents durch die EPA Beschwerdekammer und Zollbeschlagnahme von beklagtischen Produkten nicht an der Dringlichkeit des Antrags gefehlt. Damit sei betreffend der Unterlassungsverfügung mutmasslich von einem positiven Ausgang zugunsten der Klägerin auszugehen. Die Kosten seien diesbezüglich von der Beklagten zu tragen, diejenigen für das zweite Rechtsbegehren hälftig auftzuteilen.

(Entscheid in der Rechtssache S2013_003 vom 12.05.2014)