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7Aug2014

Kein Auskunftsanspruch aus der Sorgfalts- und Treuepflicht bzw. dem Konkurrenzverbot des Geschäftsführers einer GmbH

B. (Beschwerdegegner) wurde am 28. Mai 2009 von der A. GmbH mit Sitz in St. Gallen (Beschwerdeführerin) als Geschäftsführer angestellt und ins Handelsregister eingetragen. Am 25. Februar 2010 erklärte B. die „fristlose/ausserordentliche Kündigung aus wichtigen Gründen“.

Die A. GmbH verlangte sodann in einer am 14. Oktober beim Handelsgericht St. Gallen eingereichten Stufenklage von B. (i) Auskunft über im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Organ der Beschwerdeführerin erfolgte Vermögensverfügungen und Rechenschaft über seine Arbeitsleistungen sowie (ii) gestützt auf die Ergebnisse der Auskunft die Zahlung von mindestens CHF 10'000.00 aus gesellschaftsrechtlicher Verantwortlichkeit (unter Vorbehalt der Mehrforderung und unter Vorbehalt der Klageänderung nach Erteilung der Auskunft).

Mit Entscheid vom 21. Oktober 2013 trat das Handelsgericht St. Gallen auf die Klage nicht ein. Es prüfte zu Beginn das Auskunftsbegehren der Beschwerdeführerin im Lichte von Art. 6 Abs. 4 lit. b ZPO, wonach vor dem Handelsgericht nur Streitigkeiten aus dem Recht der Handelsgesellschaften und Genossenschaften anhängig gemacht werden können. Dabei kam das Handelsgericht zum Schluss, dass sich aus der Sorgfalts- und Treupflicht bzw. dem Konkurrenzverbot des Geschäftsführers (Art. 812 OR) keine Auskunfts- und Rechenschaftspflicht ableiten lässt, womit auf das Begehren um Auskunftserteilung nicht einzutreten war. In der Folge entfiel nach Auffassung des Handelsgerichts auch die Zuständigkeit für die Beurteilung des damit verbundenen Leistungsbegehrens, weshalb es auch darauf nicht eintrat. Gegen den Nichteintretensentscheid des Handelsgerichts erhob die A. GmbH Beschwerde an das Bundesgericht.

Das Bundesgericht stützt den Entscheid des Handelsgerichts St. Gallen, wenn auch mit zum Teil abweichender Begründung, und weist die Beschwerde ab. Es kommt ebenfalls zum Schluss, dass sich aus Art. 812 OR kein materiellrechtlicher Anspruch auf Auskunftserteilung ergibt. Jedoch verneint es die Zuständigkeit für die Beurteilung der Leistungsklage schon aus dem Grund, dass die Beschwerdeführerin mit Hinweis auf fehlende Informationen die an sich erforderliche Bezifferung des Leistungsbegehrens verzichtet hatte. Nach Auffassung des Bundesgerichts hätte die Beschwerdeführerin hierfür den Nachweis erbringen müssen, dass und inwieweit eine Bezifferung unmöglich oder unzumutbar war. Damit konnte die Frage offen gelassen werden, ob das Handelsgericht auf das Leistungsbegehren hätte eintreten müssen, wenn die Beschwerdeführerin die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Bezifferung nachgewiesen hätte.

(Entscheid des Bundesgerichts 4A_93/2014 vom 4. Juli 2014)